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JÖRG KASCHPER

Rechtsanwalt

Pflichteilsrecht

Artikel für RNZ 03/2010

Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche

- Rechte der enterbten Familienangehörigen -

 

Wer als naher Angehöriger in einem Erbfall nicht bedacht wurde, hat möglicherweise Pflichtteilsansprüche. Pflichtteilsberechtigt sind der Ehegatte und die Abkömmlinge. Sind solche nicht vorhanden, können auch die Eltern pflichtteilsberechtigt sein. Geschwister sind nicht pflichtteilsberechtigt. Der Pflichtteil entspricht der Hälfte des jeweiligen gesetzlichen Erbteils und ist nur in seltenen Fällen beschränkbar. Er muss gegenüber den Erben geltend gemacht werden. Hierfür sieht das Gesetz eine Verjährungsfrist von 3 Jahren zum Jahresende vor. Voraussetzung für den Beginn der Verjährung ist die Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten vom Tod des Erblassers. Die Verjährung wird durch gerichtliches Vorgehen unterbrochen.

 

Zur Berechnung des Pflichtteilsanspruches wird der gesamte Nachlass nach Abzug von Schulden und anfallenden Kosten herangezogen. Vermächtnisse an Dritte bleiben dabei grundsätzlich außer Acht.

 

Häufig steht der Pflichtteilsberechtigte vor dem Dilemma, dass er gar nicht weiß, welcher Nachlass vorhanden war. Deshalb hat er Anspruch gegen den Erben auf Auskunft über sämtliche zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte und auch abzugsfähigen Positionen. Ist der Wert einzelner Nachlassgegenstände nicht bekannt, muss auf Kosten des Nachlasses ein Gutachten zur Wertermittlung eingeholt werden.

 

Häufig versuchen die Erblasser die Pflichtteilsberechtigten, um den Pflichtteil dadurch zu prellen, dass sie schon zu Lebzeiten ihr Vermögen verschenken. Zum Schutz des Pflichtteilsberechtigten gibt es deshalb den Pflichtteilsergänzungsanspruch. Vermögen, welches der Erblasser innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Erbfall verschenkt hat, sind dem Nachlass hinzuzurechnen und erhöhen daher den Pflichtteilsanspruch. Diese Pflichtteilsergänzungsansprüche unterliegen jedoch der so genannten Abschmelzung. Mit jedem Jahr, welches seit der Schenkung vergangen ist, werden 10 % des Schenkungswertes weniger dem Pflichtteil hinzugerechnet. Nach 1 Jahr werden also nur noch 90 % hinzugerechnet, nach 2 Jahren 80 % und so weiter. Bei Schenkungen unter Ehegatten gilt die Zehnjahresfrist aber nicht. Hier ist der Wert immer in voller Höhe dem Nachlass hinzuzurechnen.

 

Die Zehnjahresfrist beginnt nur dann zu laufen, wenn der Erblasser den verschenkten Nachlassgegenstand aus seinem Vermögen wirtschaftlich ausgegliedert hat. Behält sich der Erblasser ein umfassendes Nutzungsrecht z. B. durch Nießbrauch oder weitgehendes Wohnrecht vor, beginnt die Zehnjahresfrist nicht zu laufen.


Das Pflichtteilsrecht wurde zum 01.01.2010 neu geregelt. Für Erbfälle vor diesem Datum gelten teilweise andere Regeln.

 

Artikel von RA Jörg Kaschper, FA für Erbrecht